Der Schutz des Lebens in unseren Böden
Der Boden, auf dem die Ostumfahrung Wiener Neustadt südlich von Wien gebaut werden soll, ist einer der fruchtbarsten Böden Österreichs. 20 Hektar sollen dem Bau dieser Straße zum Opfer fallen und weitere 60 Hektar dem dadurch erschlossenen Gewerbegebiet.
Seit Februar sind wir nun dabei gemeinsam einen Gemüsegarten auf der Fläche anzulegen, der die Zwangsenteignung bevorsteht. Blumen, eine Vielzahl unterschiedlicher Gemüsearten, Salate, Gurken, Tomaten, Paprika, Kürbis, Zucchini, Tatsoi, Chayotes, Zwiebel, Fenchel, Bohnen, Spargel, Karotten, Mais, Erdäpfel, … Kräuter, Sträucher, Obstbäume und Beziehungsnetze wachsen und gedeihen seither am Protest-Acker in Lichtenwörth. Das Gemüse für den Herbst und das Frühlingsgemüse wird gerade gepflanzt. Und auch wir haben die Auswirkungen der Dürre, von der die Landwirtschaft in Österreich dieses Jahr betroffen war, zu spüren bekommen. Die Hagelversicherung beziffert den Schaden in der österreichischen Landwirtschaft aufgrund der Dürre mit 150 Millionen Euro. Andere Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels werden auf weitere 100 Millionen Euro Schaden eingeschätzt.
Ganz besonders stolz sind wir auf unseren Folientunnel, den wir gemeinsam organisiert und am Protest-Acker aufgestellt haben. Wir veranstalten regelmäßige offene Gartentage und versuchen unserem Anliegen Gehör zu verschaffen. So lenkte ich einen Traktor als mit einer Traktor-Demo beim Österreichischen Städtetag in Wiener Neustadt auf die Bodenversiegelung aufmerksam gemacht wurde.
Das Recht auf Nahrung ist ein Grundrecht jeder Person, welches allerdings in Österreich noch lange nicht für alle erfüllt ist. Die Produktion von frischem Gemüse ist für kleinere landwirtschaftliche Betriebe nicht mehr rentabel.
Die Entscheidungsmacht liegt bei einigen wenigen Großkonzernen und Industrien, wobei die Interessen der Kleinbäuer*innen meist außen vor bleiben. Dabei beruht unsere Welternährung zu 70% auf kleinbäuerlichen Strukturen. Von diesen konnte ich mich in Chiapas/Mexiko überzeugen, als ich im Rahmen meiner Ordensausbildung ein Praktikum bei Indigenen Kleinbäuer*innen machte.
Eine gerechte Ernährungsgrundlage zu schaffen, bedeutet, von einer weiteren Vernichtung fruchtbaren Bodens abzusehen und Boden zu schützen. Die Interessen der Kleinbäuer*innen sollten im Fokus politischen Handelns sein und die Bodenversiegelung muss gestoppt werden. Angesichts des Artensterbens, der Biodiversitätskrise und der Klimakatastrophe ist jeder weitere versiegelte Quadratmeter, ein Quadratmeter zuviel- zumal es sich in Lichtenwörth um Enteignungen handelt.
Ich bin Steyler Missionar (SVD) und in der Besetzung am Protest-Acker aktiv. Gemüse pflanzend und mit den Händen in der Erde wühlend, wurde mir schnell klar, wie wichtig dieses fruchtbare, voll Leben strotzende Stück Erde mit all seinen Lebewesen für uns Menschen ist.
Das Arbeiten am Acker half mir zu verstehen, was es bedeutet „den Schrei der Schöpfung zu hören“, die von allen Seiten bedrängt wird. Von hier aus erhielt die Umweltenzyklika Laudato Si´ für mich ganz neue Bedeutung. Position für den Acker beziehend, erklärt mir das röm. katholische Lehramt die Zusammenhänge, in die ich verwickelt bin: „In diesem System, das dazu neigt, alles aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache wie die Umwelt wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes, …“ EG 56/LS 56
Wegen diesem Ausgeliefert-Sein der Mitwelt an Profit-Interessen ist es wichtig sich auf die Seite der Schöpfung zu stellen. „Bewahrung der Schöpfung“ bleibt Handarbeit.
Br. Emanuel Huemer SVD (Gesellschaft des Göttlichen Wortes. Auch bekannt als Steyler Missionare) und als Steyler im Bereich “Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung” aktiv.
Das ist die Kurzfassung seines Kommentars. Die Langversion finden Sie hier ...