Entschleunigen aus Sorge für das gemeinsame Haus | Tempo senken – Leben retten und die Kinderrechte | Weltklimastreik
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August 2023


 

Liebe LeserInnen!

 

Schon seit Jahrzehnten ist die Entschleunigung unseres Lebens ein wichtiges Thema der KA Wien. Dazu gehören zum Beispiel die KA-Kampagnen für den arbeitsfreien Sonntag und für einen einkaufsfreien 8.Dezember.

 

Aus diesem Grund ist es auch logisch, dass wir die aktuelle Kampagne für Tempo 30 / 80 / 100 der Initiative "Verkehrswende" unterstützen. Denn auch dabei geht es um Entschleunigung, die nicht nur für die Verkehrssicherheit viel bringt, sondern auch zur Entschärfung der Klimakrise.

 

Um 10% könnten wir in Österreich den CO2-Ausstoß senken, wenn diese Maßnahme umgesetzt würde. Es wäre rasch umsetzbar, die Kosten wären gering und auch der Zeitverlust für die Autofahrer*innen ist vertretbar.

 

Tempo 30 wird auch aus einem anderen Grund gerade diskutiert. Hunderte Gemeinden in Österreich wollen dieses Tempolimit endlich einfacher einsetzen können. (Zurzeit braucht es dafür sehr umfangreiche Begründungen.) Auch wenn es so aussieht, dass es in Zukunft auch gesetzlich ermöglicht wird: viel einfacher wäre es für das Ortsgebiet pauschal als Regelgeschwindigkeit Tempo 30 einzuführen. Man könnte viele Verkehrsschilder einsparen und unsere Gemeinden wären gleich um einiges sicherer, ruhiger und lebenswerter.

 

Daher lade ich Sie ein, diese Kampagne zu unterstützen (wie es z.B. auch Kardinal Schönborn tut). Auf unserer neuen Schwerpunktseite ka-wien.at/entschleunigen finden Sie alle Informationen dazu und auch die Unterschriftenlisten. Die können Sie nach dem Gottesdienst auflegen, aber natürlich auch in ihrem privaten und beruflichen Umfeld verbreiten.

 

Außer diese Kampagne aktiv zu unterstützen, überlegen Sie bitte, was Sie als Christ*in selbst zur Entschleunigung beitragen können. Zum Beispiel indem Sie sich selbst freiwillig an Tempo 30 / 80 / 100 halten. Als Autofahrer verstehe ich alle, die das nicht so einfach finden. Aber als Christ*innen können wir nur dann die Welt verbessern, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen.

 

Vielen Dank,

Ihr Reinhard Bödenauer

 


 
THEMA ENTSCHLEUNIGEN - TEMPO 30 - 80 - 100

Wir sind Christ*innen, die die Gesellschaft mitgestalten wollen. Unser Auftrag: Engagieren für eine bessere Welt. Deswegen unterstützen wir die Petition „Tempo senken – Leben retten.

 

Papst Franziskus schreibt in der Enzyklika „Laudato Si“: Die Menschheit ist aufgerufen, sich der Notwendigkeit bewusst zu werden, Änderungen im Leben, in der Produktion und im Konsum vorzunehmen, um diese Erwärmung oder zumindest die menschlichen Ursachen, die sie hervorrufen und verschärfen, zu bekämpfen.

 

Ein Problem der Erderwärmung ist der PKW und LKW-Verkehr. Er produziert viel zu viel CO2, das die Erde rasch erwärmt. Je schneller der Autos und Lastwagen unterwegs sind, desto mehr CO2 wird produziert. Es gibt keine einfachere, effizientere und leichtere Maßnahme CO2 einzusparen, als den Verkehr zu entschleunigen.

 

Die konkreten Forderungen der Petition sind:

  • Regelgeschwindigkeit innerorts auf 30 km/h senken
  • zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf 100 km/h und auf Freilandstraßen auf 80 km/h senken
  • Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten durch geeignete Maßnahmen sicherstellen.

Diese Maßnahmen sind rasch und günstig umsetzbar (ohne neue Infrastruktur, die lange Vorlaufzeiten und Geld braucht) und bringen vielschichtige Vorteile:

  • Klima & Energiewende: Die Maßnahme bringt 10% CO2-Einsparung. Weniger Beschleunigungs- & Bremsmanöver vermindern Energie & Abgasemissionen.
  • Sicherheit & Gesundheit: weniger Lärm, weniger Stickoxide und vor allem weniger Verkehrstote (etwa jeder 6. Unfall, jede/r 5. Verletzte und jedes 4. Todesopfer im Straßenverkehr wird vermieden.)
  • Lebensqualität: Weniger Tempo - entspannter Fahren, Verkehr wird fließender, Verminderung von Staub aus Reifen-Abrieb und Aufwirbelung in unsere Lungen, Gärten und Felder.
 


 
Entschleunigen aus Sorge für das gemeinsame Haus

 

Die Emotionalität, mit der die Diskussion über eine Entschleunigung im Straßenverkehr geführt wird, zeigt, dass es längst um mehr geht als um die Frage nach dem für das Klima und die Verkehrssicherheit „richtigen“ Tempo. Oft entsteht der Eindruck, dass nicht weniger als „unsere Freiheit“ zur Disposition steht.

 

Problematisch dabei ist gar nicht unbedingt, sich über das Freiheitsverständnis zu streiten. Eine solche Debatte ist mit Blick auf das hohe Gut der Freiheit tatsächlich wichtig. Dabei allerdings „unsere“ Freiheit zu rufen, und damit die eigene zu meinen, greift, aufgrund der globalen Dimension des Klimawandels, zu kurz.

 

Seien es die verheerenden Waldbrände auf Hawaii oder die Überschwemmungen in Slowenien und Österreich; die vielen Naturkatastrophen dieses Sommers zeigen deutlich, dass der Klimawandel uns alle betrifft und dessen Folgen uns jederzeit und überall treffen können. Die Frage nach den notwendigen Maßnahmen zur Verringerung der Klimafolgen kann demnach auch nur aus globaler Perspektive beantwortet werden.

 

In seiner Enzyklika Laudato si’, hebt Papst Franziskus diese globale Verantwortungsdimension hervor. Mit der Metapher des gemeinsamen Hauses, um das wir uns gemeinsam kümmern müssen, plädiert Franziskus für eine ganzheitliche Ökologie und fordert uns auf insbesondere auf die Stimme derjenigen zu hören, die von den Auswirkungen des Klimawandels überproportional betroffen sind.

 

In den fehlenden Reaktionen auf Naturkatastrophen in anderen, oft auch ärmeren, Ländern sieht Franziskus gar „den Verlust jenes Verantwortungsgefühls für unsere Mitmenschen auf das sich jede zivile Gesellschaft gründet“ (Laudato si’ 25).

 

Als Grund für den Verlust dieses Verantwortungsgefühls nennt Franziskus mitunter unseren beschleunigten Lebensstil. Im oft hastigen Alltag ist es schwer, die Verbundenheit mit der Natur und mit seinen Mitmenschen zu spüren und die eigene globale Verantwortung anzuerkennen.

 

Vor diesem Hintergrund ist nicht nur die konkrete Entschleunigung im Straßenverkehr von Bedeutung für das Klima, sondern es bedarf genauso einer Entschleunigung im alltäglichen Leben. Auch diese Form der (persönlichen) Entschleunigung ist die Voraussetzung für eine ganzheitliche Ökologie, wie wir in Laudato si’ lesen können: „Eine ganzheitliche Ökologie beinhaltet auch, sich etwas Zeit zu nehmen, um den ruhigen Einklang mit der Schöpfung wiederzugewinnen […]“ (Laudato si’ 225). Entschleunigung, Ruhe und Stille sind von zentraler Bedeutung für die Gottesbegegnung, und folglich für die, wie Papst Franziskus es nennt, „ökologische Umkehr“ (Laudato si’ 216-221).

 

Aus Sorge für das gemeinsame Haus zu entschleunigen bedeutet demnach einerseits, seine Verantwortung für seine Mitmenschen und die Umwelt durch konkrete Maßnahmen und klimaschonendes Verhalten wahrzunehmen.

 

Es bedeutet aber auch, den Fuß ab und zu im übertragenen Sinne vom Gaspedal zu nehmen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, sich über die Auswirkungen des eigenen Handelns auf andere Menschen und zukünftige Generationen bewusst zu werden und das Gefühl der Verbundenheit mit anderen und der Umwelt wiederherzustellen.

 

Denn bei der Diskussion über Entschleunigung geht es tatsächlich um mehr: es ist aber nicht „unsere Freiheit“, die dabei zur Disposition steht, sondern eine für alle Menschen lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten.

 

Noreen van Elk, PhD. ist Universitätsassistentin am Institut für Systematische Theologie und Ethik, Fachbereich Sozialethik der Universität Wien.

 


 

„Tempo senken – Leben retten“ und die Kinderrechte

 

Kinder haben als besonders vulnerable Gruppe Rechte. Niemand in Österreich bestreitet das. Die Kinderrechte sind seit 2011 in der österreichischen Verfassung verankert:

 

Artikel 1: Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.

 

Aber gerade in der Verkehrspolitik stellt sich die Frage: Wo bleiben Schutz, Fürsorge und Kindeswohl-„vorranging“, wie es im Art. 1 BVG geschrieben steht?

 

Die Statistik Austria gibt für 2022 die Zahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Kindern mit 2.689 an. Insgesamt 13 Kinder starben durch Verkehrsunfälle.

 

Womit wir nun buchstäblich bei der Initiative: „Tempo senken – Leben retten“ wären. Oft dominieren die Interessen der Autofahrer alle anderen Interessen. Das Durchfahren einer Straße ist für den Autolenker in wenigen Augenblicken vorbei, für die Bewohner hingegen bedeutet es Risiko, Lärm und Dauerstress täglich 24h, das ganze Jahr hindurch. Kinder und auch ältere beeinträchtigte Menschen kommen zu Schaden.

 

Oft sind Menschen praktisch gezwungen, alle Wege mit dem Auto zu verrichten. Die Abhängigkeit vom Auto wird für das heranwachsende Kind zur Normalität. Noch gefährlicher ist aber die Auswirkung auf das kindliche Gewicht und Bewegungsverhalten. Elterntaxis wurden u.a. als Ursache für den steigenden Bewegungsmangel und die Entwicklung von kindlichem Übergewicht identifiziert. Die Zunahme der kindlichen Adipositas hat in den vergangenen Jahren dramatische Ausmaße erreicht.  Die Folgeprobleme sowohl im körperlichen, im sozialen wie im seelischen Bereich sind vielfach belegt.

 

Allgemeiner Konsens ist, dass Gesundheit nicht nur körperlich definiert wird, sondern auch eine psychische und soziale Dimension beinhaltet. Dazu gehören Begegnung, Vertrauen, Kommunikation, Unterstützung und Bindung untereinander. Genau dort wirkt sich der Verkehr zerstörerisch aus:

 

In vielen Straßen ist es nicht einmal möglich, auch nur ein kurzes Gespräch quasi „über die Gasse“ zu führen, es wird regelmäßig in Kürze durch Lärm und mögliche Gefährdung unterbunden. Die für eine Gemeinschaft wichtigen Zufallsbegegnungen im Alltag finden nicht mehr statt. Straßenseitige Fenster müssen – auch im Sommer – wegen des Straßenlärms und der Staubbelastung geschlossen bleiben.

 

Der öffentliche Raum muss wieder zu einem lebenswerten und sicheren Bereich für alle Menschen werden. Dass die Regelgeschwindigkeit im Ortsgebiet auf 30 km/h reduziert wird, - und diese auch kontrolliert wird, bzw. durch bauliche Maßnahmen begleitet wird - ist ein erster wichtiger Schritt dazu.

 

Dr.in Lilly DAMM ist Vorsitzende von Childadvocacy / Colloquium – Österreichische Gesellschaft zur Förderung von sozial- und gesundheitswissenschaftlicher Forschung

 

Das ist die Kurzfassung ihres Kommentars. Die Langversion finden Sie auf unserer Website ...

 


 

WERDEN SIE AKTIV

 

Unterschriftenlisten zum Kopieren und Weiterverteilen in Ihrem Pfarrgebiet können Sie hier herunterladen oder oder bei uns bestellen (+43 1 51552 3312).

 

Thematisieren Sie die Forderungen in Ihrer Pfarrgemeinde (z.B. bei den Verlautbarungen) und legen Sie mehrere Unterschriftenlisten auf. Sprechen Sie auch mit Freund:innen und Arbeitskolleg:innen darüber und sammeln Sie weitere Unterschriften. Sie können auf unsere Website www.ka-wien.at/entschleunigen auf ihren Social Media Profilen hinweisen.


Informieren Sie sich zum Thema. Z.B bei unserer Veranstaltung

"Tempo senken, Leben retten“  mit Univ.Prof. Günter Emberger, Leiter des Instituts für Verkehrswissenschaften der TU Wien am Mi, 27.9., um 19 Uhr in Wiener Neustadt ...


 


 
GESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT

 

Am 15. September findet der nächste Weltklimastreik statt. Gehen Sie mit uns und „Religions For Future Vienna“ beim Protestmarsch in Wien mit! Treffpunkt um 11.30 Uhr in der Armenisch-Apostolische Kirche (Innenhof, Kolonitzgasse 11, 1030 Wien). Die Demonstration führt anschließend über den Ring. Um 14.30 Uhr ist die Abschlusskundgebung am Heldenplatz. Um 16.00 Uhr gibt es einen Ökumenischen Gottesdienst zur Schöpfungszeit in der Michaelerkirche.

 

Im ersten Halbjahr 2023 hat es 14 "FairWandeln"-Klimakonferenzen in der Erzdiözese Wien gegeben. Wir haben hier eine kleine Zwischenbilanz gezogen ... Machen auch Sie mit Ihrer Pfarre im neuen Arbeitsjahr eine Klimakonferenze für Erwachsene, Jugendliche und Kinder! Alle Informationen dazu gibt es hier ...

 

Unser Umweltbüro bietet für die Ökumenische Schöpfungszeit von 1.9. bis 4.10. wieder einiges an Möglichkeiten zum Mitmachen an. Informationen zur Aktion "Radln in die Kirche" am 17.9., zur Schienenwallfahrt am 23.9., zum NÖ Umweltpreis 2023 bzw. zum bundesweiten kirchlichen Umweltpreis und zur kostenlosen Energieberatung des Landes NÖ für Pfarren finden Sie auf der Website des Umweltbüros ...

 
MEINUNG

 

In ihren Sommerliche Gedankensplittern ist Traude Novy irritiert über die Sommertagung der kfbö, schreibt dass für sie Kirchen Orte des Widerstands und nicht Orte der Beruhigung sein müssten und ist der Meinung, dass man die jungen Kämpfenden für Tempo 100 auf den Autobahnen später einmal als prophetisch preisen wird ...

 

Evelyn Hödl schreibt anlässlich des Hiroshimagedenktages, dass Erinnerung vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen nicht nur ein Gebot der Stunde ist, sondern Impuls sein muss, Rüstungskontrolle und Friedenspolitik neu zu denken ...

 

Roland Zisser schreibt, dass mit der Kampagne „Entschleunigung!“ zum Ausdruck kommt, wie und wohin sich eine Gesellschaft bewegen kann, deren Ziel nicht der möglichst rasche kollektive Selbstmord ist, sondern das Leben für alle, ein Leben in Fülle ist ...

 

DIES & DAS


 

Wenn Sie in einem Lehrgang psychodramatische und soziodramatische Ermutigung erfahren wollen und Instrumente kennen lernen wollen, um mit Freude den Wandel hin zu einer ökologisch und sozial nachhaltigeren Welt voranzutreiben, dann finden Sie hier Informationen zum Kurzlehrgang Psychodrama-Changemaker von Katharina Novy ...

 

Und am 29.9. gibt es im Kardinal König Haus einen Interreligiösen Inspirationstag Laudato Si mit Workshops zu Klimakonferenzen in Pfarren, innovativen Ansätzen im Religionsunterricht und „Spirituellen Quellen für Nachhaltigkeit“ in anderen Religionen ...

 

 

Katholische Aktion der Erzdiözese Wien

1010 Wien, Stephansplatz 6/5

 

Tel. +431515523312 | katholische.aktion@edw.or.at | www.ka-wien.at | KA auf Facebook

 

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