Religiöse Eckpunkte in Wiener Stadtentwicklung
„´Das Städtische ist zu allererst eine Geisteshaltung´, sagt der Philosoph Konrad Paul Lissmann. Und die Religion ist ein Mittel gegen Anonymität, wo sich Menschen treffen können“, darauf verwies der Planungsdirektor der Stadt Wien, Thomas Madreiter, bei der Podiumsdiskussion „Religion findet Stadt – Religiöse Eckpunkte in der Stadtentwicklung und Politik“, zu der die Katholische Aktion in der Langen Nacht der Kirchen am 29. Mai 2015 in die Deutschordenskirche eingeladen hatte.
„Menschen begegnen – nicht einer Religion“
In einer Stadt brauche es „Infrastruktur, Räume und Plattformen der Begegnung, auch neutrale Räume. Da ist es möglich, einander besser kennen zu lernen. Da ist es möglich, Menschen zu begegnen und nicht einer Religion“. Den Grundsatz „Erst Wohnungen bauen, dann Kirchen wieder aufbauen“, habe Kardinal Frings in Deutschland schon nach dem Krieg vertreten, sagte Madreiter
„Begegnung braucht Räume. Es müssen aber auch Initiativen dazukommen“, gab Madreiter zu bedenken und begrüßte es, „wenn christliche Gemeinden initiativ werden und auf andere zugehen“. In Österreich gebe es 250 Moscheen, wovon 5 mit Minaretten ausgestattet seien, führte er aus, wobei „Zeichenhaftigkeit an sich nicht schlecht“ sei. Gleichzeitig empfahl er eine gewisse Gelassenheit, denn in Städten „wird so viel über die Verkehrsfrage gestritten, da sind die religiösen Fragen vergleichsweise harmlos“. Als er 1987 nach Wien gekommen sei, habe man es „am Gemeindebau fest gemacht, heute an der Herkunft“, so Madreiter.
„Wenn wir uns gegenseitig respektieren, dann fällt uns das alles leichter“
„Was ist das Städtische? Die Stadt ist ein Ort der Freiheit. Ich geh in die Stadt, weil ich gewissen gesellschaftlichen Zwängen entkommen möchte“, nannte die emeritierte evangelische Universitäts-Professorin Susanne Heine als einen der Beweggründe. Ebenso gab sie zu bedenken: „Der urbane Charakter einer Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, wie wir mit Zuwendungsgruppen umgehen“. Dazu komme: „Der religiöse Analphabetismus nimmt rasant zu. Die ganze Geschichte und Kunstgeschichte versteh ich ohne Religion nicht“.
Christoph Watz, der Generalsekretär der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien, betonte bei seiner Begrüßung, der KA sei das interreligiöse Gespräch sehr wichtig. Daher habe sie die Broschüre, „Was Christinnen und Christen über den Islam wissen sollten“, herausgegeben, die eben um den „Religion und Gewalt“-Folder ergänzt wurde. Der Wiener ungarische katholische Jugendchor sorgte mit einem Begrüßungslied für die Eistimmung und die Journalistin Monika Slouk vom KAV für die Moderation.
Der bekannte Imam und Religionspädagoge der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ramazan Demir, wünschte sich Räume der Stille in Schulen. Und der Pressesprecher der Islamisch Alewitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Riza Sari, berichtete, von 100 Ehen, die von Mitgliedern seiner Glaubensgemeinschaft geschlossen werden, seien 30 Mischehen. Abschließend meinte er: „Wenn wir uns gegenseitig respektieren, dann fällt uns das alles leichter“. Susanne Heine schloss mit dem Hinweis auf das Buch Levitikus: „Wie einen Einheimischen sollst du den Fremden lieben wie dich selbst“.
Franz Vock
Siehe ausführlichen Kathpress-Bericht http://www.kathpress.at/site/nachrichten/database/70279.html