Offener Brief an Kurz und Nehammer und Email-Aktion: In unserer Gemeinde ist Platz!
Ein offener Brief an BK Sebastian Kurz und Innenminister Nehammer wurde heute am 12.3. im Standard veröffentlicht. KA-Präsident Walter Rijs, kfb-Vorsitzende Franziska Berdich sind unter den ErstunterstützerInnen .... Danke an Jörg Flecker für die Initiative!
Email-Aktion: In unserer Gemeinde ist Platz!
Auch wenn zur Zeit ein Thema – die Eindämmung des Coronavirus – die Nachrichten dominiert, dürfen wir nicht vergessen, was sich gerade an Europas Außengrenzen abspielt: Statt auf humanitäre Lösungen setzt die EU auf Gewalt und Ausgrenzung, um Menschen auf der Flucht davon abzuhalten, Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden [1]. Das ist nicht das Europa, das wir wollen.
In Österreich gibt es 2095 Gemeinden. Wenn jede Gemeinde ein paar Personen aufnimmt, könnten wir tausende Menschen aus ihrer lebensbedrohlichen Situation herausholen.
Die Aktion geht ganz einfach: aufstehen.at hat die E-Mail-Adresse der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters ihrer Gemeinde herausgesucht und einen Textvorschlag gemacht, den Sie natürlich noch anpassen können. https://actions.aufstehn.at/wirhabenplatz
Offener Brief an Kurz und Nehammer: Freiheit für unsere Menschlichkeit!
Populistische Hetze gegen Geflüchtete lenke von Ursachen der Tragödie ab – die Regierung solle sich für eine vernünftige und solidarische Lösung einsetzen
12. März 2020
In einem offenen Brief, initiiert vom Soziologen Jörg Flecker, der Sprachwissenschafterin Ruth Wodak, der Soziologin Ruth Simsa und den Politikwissenschaftern Emmerich Tálos und Alexander Behr, appellieren mehr als hundert Personen an den Bundeskanzler, den Innen- und den Außenminister, die Aufnahme von Geflüchteten, insbesondere von unbegleiteten Jugendlichen und Kindern, die auf den griechischen Inseln gestrandet sind, zu ermöglichen.
Sehr viele geflüchtete Menschen halten sich unter völlig inakzeptablen Bedingungen auf griechischen Inseln auf. Darunter befindet sich eine große Zahl an Kindern und Jugendlichen, deren Schicksal uns besonders nahegeht. Viele Österreicherinnen und Österreicher wollen helfen, können das aber nicht vor Ort in Griechenland tun.
Schon mehrfach ist deshalb in den letzten Tagen die zusätzliche Aufnahme von Kindern, unbegleiteten Jugendlichen, Familien und Geflüchteten überhaupt in Österreich verlangt worden. Die Bundesregierung lässt dies aber nicht zu. Insbesondere Bundeskanzler und Innenminister sperren sich gegen eine menschliche Lösung der humanitären Krise. Damit schränken sie aber auch österreichische Bürgerinnen und Bürger ein, die ihrer solidarischen Verpflichtung nachkommen wollen. Wir fordern die Freiheit, unsere Menschlichkeit und Nächstenliebe leben zu dürfen! Wir akzeptieren nicht, dass auf diese Weise unserer persönlichen Identität Grenzen gesetzt werden, für die es keine vernünftige Notwendigkeit gibt.
Populistische Hetze
Wir wenden uns zudem dagegen, dass der österreichische Bundeskanzler und der Innenminister in immer schärferen Formulierungen eine Bedrohung Europas und Österreichs durch Geflüchtete in den Raum stellen. Wenn Sebastian Kurz in der "Pressestunde" sagt, es kämen "Millionen", wenn die "türkisch-griechische Grenze fällt", dass man vorbereitet sein müsse, "falls es zu einem Grenzsturm kommt", schafft er damit nicht nur Feindbilder und weckt völlig unangemessene Ängste. Zusammen mit der haltlosen Behauptung einer bedrohten österreichischen oder europäischen Identität spielt er den europäischen Rechtsextremisten in die Hände und ermutigt sie, auf die griechischen Inseln zu reisen, um dort Gewalt auszuüben. Wir fordern dringend eine Mäßigung in der Sprache, denn sie trägt zu todbringender, rechtsextremer Gewalt bei.
Wir beobachten eine populistische Hetze gegen Geflüchtete und eine Fixierung der Debatte auf Grenzen, an denen man verzweifelte Menschen um jeden Preis aufhalten möchte. Das lenkt von den Ursachen der Tragödie, von der Menschenrechtsverletzung der Asylverweigerung und von den unverantwortlichen Blockaden in der Europäischen Union ab, wodurch diese mit einem im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Reichtum kleinen Problem nicht fertig wird. Wir betonen, dass die österreichische Regierung in dieser Frage in der EU nicht in unserem Namen spricht. Wir fordern, dass sich die österreichische Regierung in der EU für eine vernünftige und solidarische Lösung dieses Problems einsetzt.
(Jörg Flecker, Ruth Wodak, Ruth Simsa, Emmerich Tálos und Alexander Behr et al., 12.3.2020)