Mein Name ist Dilovan Shekho und ich bin Bundesvorsitzender der Roten Falken Österreich.
Ich bin im Jahr 2013 aus Nordostsyrien nach Österreich geflüchtet. Ich war sechzehn Jahre alt. Ich war in Syrien in Gefahr – nicht, weil ich etwas falsch gemacht habe, sondern weil ich in einem Land gelebt habe, das keine freie Meinung zugelassen hat. Ich war in Gefahr, weil ich als Jugendlicher meine Stimme erhoben habe. Ich war in Gefahr, weil ich Kurde bin.
Meine Eltern wollten, dass ich in Sicherheit bin. Deshalb bin ich nach Österreich gekommen – dorthin, wo meine Tante und meine Onkel gelebt haben. Ich sage ganz ehrlich: Ich habe damals nicht gewusst, dass es so etwas wie Familienzusammenführung überhaupt gibt. Ich war sechzehn, allein und völlig neu in einem fremden Land. Als ich dann erfahren habe, dass es möglich ist, meine Familie nachzuholen – das war ein riesiger Moment.
Lange mussten meine Eltern warten, bis sie den Antrag auf Familiennachzug stellen konnten und ich meine Familie wieder in die Arme nehmen konnte. Jahre ohne Familie – das war eine schwere Zeit. Jahre der Unsicherheit, Angst, Einsamkeit. Das war keine Entscheidung aus Bequemlichkeit.
Heute lebt meine ganze Familie in Österreich. Mein Vater ist selbstständig. Meine Mutter arbeitet. Meine Geschwister auch. Wir zahlen Steuern, wir tragen zur Gesellschaft bei, wir sind Teil dieses Landes. Das ist möglich, weil wir als Familie wieder zusammenleben können.
Der geplante Stopp des Familiennachzugs bedroht genau das: Familien werden zerrissen.
Und das unter dem Vorwand einer angeblichen „gesamtstaatlichen Notlage“. Dabei ist es vielmehr das Versagen der Politik auf so vielen Ebenen, die zu der Situation geführt haben, vor der wir jetzt stehen.
Diese Gesetzesänderung trifft die Falschen:
Sie trifft Kinder. Sie trifft Schutzbedürftigte.
Sie trifft Eltern, die nichts anderes wollen als ein würdevolles Leben, in Sicherheit für ihre Familie.
Der Stopp des Familiennachzugs widerspricht dem, was Österreich zugesichert hat:
– widerspricht der Verfassung
– widerspricht dem EU-Recht
– widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention
Dort steht ganz klar:
Kinder haben das Recht, bei ihren Eltern zu leben.
Eltern haben das Recht, bei ihren Kindern zu sein.
Die Herausforderungen im Bildungssystem sind real.
Aber sie sind nicht die Schuld der Familien, die zusammenleben wollen.
Sie sind das Ergebnis politischer Entscheidungen, fehlender Ressourcen und fehlender Unterstützung.
Ich bin ein Beispiel dafür, dass Integration funktionieren kann – wenn man Familien zusammenleben lässt.
Dilovan Shekho ist 2013 als Minderjähriger alleine aus Ostsyrien geflüchtet. Er ist heute Bundesvorsitzender der Roten Falken Österreich und hat bei der Protestaktion gegen den Stopp der Familienzusammenführungen am 26.03.2025 aus eigener Perspektive berichtet.
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.