Wird man als Pfarrverantwortlicher gefragt, welche Nachbarschaftsprojekte denn wichtig und erfolgreich seien, könnte man zunächst alle traditionellen und langjährig erprobten Hilfsdienste erwähnen: Ja, wir haben einen Caritaskreis, der sammelt und Essen ausgibt. Ja, eine Gruppe von Personen teilt Geburtstagsbriefe an ältere Pfarrmitglieder aus (zu denen sie selber schon gehören). Ja, im Seniorentreff können Menschen zusammenkommen, die sonst allein daheim sitzen würden. Ja, auch Geflüchtete betreuen wir, begleiten sie manchmal zur Taufe.
Oder man nennt die unkonventionellen Ideen: Eine Sammelaktion für bosnische Familien im Rahmen des Pfarrnetzwerks Asyl.
Im Begegnungszentrum FranZ, das, wie der Name schon sagt, Menschen zusammenbringen soll, gibt es einen Babygrätzltreff, einmal eine Lesestunde mit der Buchhändlerin von gegenüber, einen Flohmarkt, ein Knödelkochen für die Wärmestube der Nachbarpfarre, Diskussionsabende zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen.
Es ließe sich noch einiges aufzählen.
Unsere Pfarrarbeit wird seit Jahren von den Bibelstellen über Zachäus und den barmherzigen Samariter begleitet. Und diese beiden frohen Botschaften zeigen recht gut, was wesentlich sein könnte: Es gibt zwar tendenziell immer weniger Katholik:innen im Umfeld, aber es gibt sicher genügend neugierige und interessierte Menschen, mit denen wir gemeinsam aufmerksam durch unsere Pfarrgebiete gehen können und uns betreffen lassen von den Nöten und Wünschen der Menschen in diesem 2. Bezirk.
Und dann wird Nachbarschaftshilfe konkret und spontan, wie beim Samariter. Dann versorgt der Bankangestellte mit der Lehrerin oder die Studentin mit dem Bäcker ums Eck einmal die Obdachlosen mit Suppe. Ein anderes Mal singt der Pfarrkindergarten älteren Menschen Weihnachtslieder. Und eine Zeit lang bringen Lehrer:innen im Ruhestand Geflüchteten aus der Ukraine und Syrien Deutsch bei. Mit dem Bezirksvorsteher kann man kochen und sich dabei Dinge erzählen, die bei offiziellen Treffen nicht vorkommen würden.
Vieles davon ist spontan und passt so gar nicht in unsere geregelte Arbeitsjahrplanung.
Wer mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht, so erklären wir es unseren Erstkommunionkindern, der kann hören und sehen, was gerade jetzt wichtig und notwendig ist.
Das kann manchmal geplant, manchmal spontan sein. Das kann anstrengend für die Pfarrgemeinde sein, weil oft etwas Neues auf uns wartet; es kann die Pfarrgemeinde zusammenschweißen, weil man gemeinsam etwas bewegt. Das Gesamtprojekt der Nachbarschaft hört auch nie auf, die Einzelprojekte schon.
Und das Tröstliche ist: Wir haben oft nur fünf Brote und zwei Fische (die Brotvermehrung ist das Leitevangelium in unserem Begegnungszentrum FranZ), aber wir dürfen vertrauen, dass es für alle reicht.