Ist Ihre Pfarre ein Ort für Dialog & Nachbarschaftshilfe?
Bei der Dankfeier am Samstag im Stephansdom hat man gesehen, wie wichtig unserem Kardinal die Ökumene ist. In der Ära Schönborn war DAS Highlight aus KA-Sicht sicher das Ökumenische Sozialwort (das für uns immer noch wichtig und inspirierend ist, weil viele dieser Themen in den letzten 10 Jahren durch Enzykliken von Papst Franziskus - besonders Laudato si und Fratelli tutti - bestärkt worden sind).
Vor 20 Jahren haben meine Vorgänger*innen (auch anlässlich der NÖ Gemeinderatswahl) einen kleinen Folder herausgebracht. Darin ging es um Themen aus dem Sozialwort mit einem besonderen Blickpunkt auf die lokale Ebene, die Gemeindepolitik. Diese Themen sollten eine mögliche Hilfe beim eigenen gesellschaftlichen Engagement sein, aber auch bei der Entscheidung für Parteien bei Wahlen.
Wenn ich mir das heute durchlese, muss ich sagen, dass wir das jetzt - leider - genauso wieder abdrucken könnten. Die 10 Orientierungspunkte - von "Sozialen Zusammenhalt fördern und sichern" über "Armut bekämpfen" und "Zusammenleben in der Gemeinde" bis zu "Lernorte für Friedensfragen" sind weiter aktuell bzw. noch aktueller als damals. Einzig die Klimakrise war damals noch nicht so brisant.
Und trotzdem tun wir uns leider als Christinnen und Christen noch immer schwer mit dem Engagement in der Gesellschaft. Dabei meine ich gar nicht, dass man in die Politik einsteigt. Aber es gibt so viele andere Möglichkeiten. Ich habe zum Beispiel neben meinem pfarrlichen Engagement jahrzehntelang in der Gewerkschaft versucht, vieles für die Menschen in der Arbeitswelt zu verbessern. Geleitet von meinem christlichen Weltbild.
Es ist gut, wenn wir Menschen helfen, durch verschiedenste karitative Aktivitäten. Aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben. Neben Hilfe braucht es auch eine Veränderung der Strukturen. Man muss sich dabei als Pfarrgemeinde auch nicht weit aus dem Fenster lehnen bei lokalen politischen Themen.
Aber Pfarre muss ein Ort sein, wo Menschen die Basis für ihr christliches gesellschaftliches Engagement bekommen. Wo sie demokratische Prozesse kennenlernen, wo sie lernen, wie man miteinander bei verschiedenen Themen ringt, aber dann doch Kompromisse erzielt. Wo sie Menschen aus ärmeren Gesellschaftsschichten kennen lernen, um deren Lebenssituation besser verstehen zu können und sich für sie einsetzen, usw.
Und wo sie natürlich neben der Bibel auch andere christliche Grundlagentexte wie Laudato Si oder Fratelli tutti kennenlernen. Wo sie erfahren wie wichtig es ist, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen und vieles mehr. Nur so wird unsere Gesellschaft demokratisch, solidarisch und menschlich bleiben.
Ein Denkanstoß: Welche Personen fallen Ihnen ein, die mithelfen könnten, dass Ihre Pfarre mehr zu einem Ort für Dialog und Nachbarschaft werden kann?