Suppenessen hält Leib und Seele und die Leut zusammen
Wenn Kirche in der Nachfolge Jesu stehen will, muss sie ihr Hauptaugenmerk darauf richten, ihre sozialen Begegnungsorte wieder vielen Menschen zugänglich zu machen, ohne Anspruch auf elitäre Spiritualität.
Sonntagmorgen. Die Familienmesse in der Pfarre St. Ägyd Gumpendorf ist gut besucht. Denn es ist ein besonderer Sonntag. Eine Woche zuvor war der Gottesdienst von den Frauen der Katholischen Frauenbewegung anlässlich der Aktion Familienfasttag gestaltet worden.
Im Mittelpunkt stand das Thema der heurigen Aktion: „Gemeinsam für mehr Klimagerechtigkeit“. Es waren auch zwei Projektpartnerinnen aus Nepal im Gottesdienst anwesend. Sie bezeugten in vielen Gesprächen die massiven Auswirkungen die der Klimawandel für ihr Land, für die armen Menschen und vor allem für die Frauen dort hat. In einer beeindruckenden Ansprache hat die Leiterin der Frauengruppe auf unsere Verantwortung als Christinnen für die Behütung der Schöpfung und die Solidarität mit den benachteiligten Frauen in den Ländern des globalen Südens hingewiesen.
Dieser Gottesdienst sprach von den Sorgen und Nöten der Menschen und war in deren Lebensrealität verankert. Dennoch, und wahrscheinlich gerade deshalb, hat er spirituell und musikalisch alle mitgenommen und allen gutgetan.
An diesem Sonntag jetzt, sollte also für die Aktion Familienfasttag und die benachteiligten Frauen in Asien, Lateinamerika und Afrika gesammelt werden. Aber diese Aktion ist keine Sammelaktion, wie es viele gibt.
Die Katholische Frauenbewegung hat seit der Gründung dieser Aktion – und das liegt mittlerweile fast 70 Jahre zurück- das Motto „Teilen“ gehabt. Und diese Haltung des Anteilnehmens am Leben der Projektpartnerinnen, des Lernen von ihnen und ihrer Realität und das Engagement für eine bessere Welt, ist auch hier in der Pfarre Gumpendorf deutlich zu spüren.
Denn auch beim gemeinsamen Suppenessen im bis zum letzten Platz gefüllten Pfarrsaal spürt man, dass hier Menschen füreinander da sind und sich miteinander um ein gutes Leben für alle bemühen. Hier wird niemand zurückgelassen, weder die Alten, noch die ganz Kleinen. Die Frauen dort können mit Fug und Recht sagen: Wir sind Kirche!
Wenn Kirche Zukunft hat, dann so! Räume schaffen für Menschen, einander gut sein und miteinander essen und trinken. Es ist ja kein Zufall, dass das Mahl halten und die Worte „tut dies zu meinem Gedächtnis“ im Zentrum unserer Gottesdienste stehen und „Wandlung“ bewirken.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die leitenden Verantwortlichen in der Kirche erfasst haben, was die Menschen heute brauchen und was Kirche heute sein muss, wenn sie die Kirche Jesu Christi sein will.
In unserer individualisierten Welt wäre sie aufgerufen, Räume für Begegnung zu schaffen. Orte, wo sich Menschen austauschen können, lernen, sich kritisch auseinander zu setzen und einander dennoch gut sind. Es gibt keine bessere Möglichkeit, um ins Erwachsenenleben hineinzuwachsen, als in einer Kinder- und Jugendgruppe beheimatet zu sein und es gibt nichts Tröstlicheres, als von Menschen begleitet, sich langsam von dieser Welt zu verabschieden.
Wenn also Kirche, in der Nachfolge Jesu stehen will, dann muss sie ihr Hauptaugenmerk darauf richten, ihre sozialen Begegnungsorte wieder vielen Menschen zugänglich zu machen, ohne Anspruch auf elitäre Spiritualität, sondern bescheiden nach den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen fragen und wie es viele Generationen in der Katholischen Frauenbewegung und in den Kinder- und Jugendorganisationen getan haben, füreinander und miteinander da zu sein.
Dazu brauchen diese Organisationen aber eine massive Unterstützung der Kirchenleitung – personell und finanziell. Denn Ehrenamtlichkeit kann nicht ohne professionelle Unterstützung arbeiten. Füreinander und miteinander da zu sein – das ist heute die beste Seelsorge.
Ich finde, die Kirchenleitung sollte sich weniger darum sorgen, wie wir unsere Kirchen wieder füllen (und unsere Kirchenbeiträge wieder auffetten können), sondern wichtig wäre es, die Jugendheime zu füllen und die Pfarrsäle zu öffnen, das geht aber nicht nur mit den wunderbaren Frauen und Männern, die innerhalb der Katholischen Aktion noch immer ihr Bestes tun, das braucht auch eine massive professionelle Unterstützung für all jene, die die Kirche tragen und ihre Mitte ausmachen. Das kostet Zeit, eine andere pastorale Ausrichtung und ja, auch Geld.
Die Kirchenleitung steht in der Verantwortung und wird dafür Rechenschaft geben müssen, wenn sie die Zeichen der Zeit nicht erkennt.
Vielleicht sollte sie ganz bescheiden von den Frauen in Gumpendorf lernen.
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.